Auch zum 2. Prozesstermin der Berufungsverhandlung gegen Ava und Ralph war vorm Landgericht Cottbus einiges los. Vor dem Gebäude war eine Kundgebung, wo unter anderem die Zuschauer*innen warten konnten, die nicht eingelassen wurden, obwohl noch Plätze frei waren. Gegen die Versammlungsleitung gab es eine Anzeige wegen dem Banner „Burn All Prisons“.
Auch im Gericht wurde direkt zu Beginn 200€ Ordnunsgeld wegen Nicht-Aufstehens verhängt. Dafür hatte Ava zur Veranschaulichung der Sachlage etwas „Kohle“ und eine Feuerwehr zur Löschung der Klimakrise mitgebracht und wurde von einem Chor aus Ta-Tü-Tata unterstützt.
Bei der Zeugenbefragung der LEAG beanstandete die Verteidigung, dass die Rechtsabteilung der LEAG die Zeugen vorbereitet habe und forderte die Staatsanwältin als Zeugin zu vernehmen um zu klären welche Kontakte sie mit der LEAG dazu hatte.
Diesen und alle weiteren Anträge der Verteidigung lehnte das Gericht als rechtlich irrelevant ab und forderte mehr Respekt. Darauf antwortete Ava, dass alle Menschen Respekt verdienen, nicht aber die Institutionen.
Zum Plädoyer der Staatsanwaltschaft stimmte das Publikum „Wehrt euch, leistet Widerstand“ an. Dabei gab es aber auch nicht viel zu verpassen, weil die Staatsanwaltschaft einfach wiederholte, dass sie alle Tatbestände erfüllt sehe und dazu noch eine deutliche kriminelle Energie, aufgrund derer und einer potentiellen Fluchtgefahr auch noch ein Haftbefehl beantragt wurde.
Die Verteidigung widersprach der Staatsanwaltschaft. Hausfriedensbruch sei wegen mangelnder Umfriedung, nicht erfüllt, die Nötigung wegen fehlendem Zug, die Gemeinschaftlichkeit wegen fehlender nachgewiesener Absprachen. Die Sachbeschädigung sei wenndann von den Cops ausgegangen. Die Störung öffentlicher Betriebe sei nicht erwiesen, da weder die Schadenssumme noch ob Industrie oder private Haushalte Abnehmer*innen seien, geklärt wurden. Außerdem schade das Kraftwerk der Gesundheit der Bevölkerung und in Anbetracht der Klimakrise auch jeglicher Exsistenzgrundlage.
Weiterhin ging die Verteidigung auf die öffentliche Wahrnehmung und Stimmungsmache gegen Klimaaktivist*innen ein. Außerdem wurde die U-Haft als Erzwingungshaft kritisiert. Abschließend plädierte die Verteidigung auf Freispruch und Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts.
Ava und Ralph gingen in ihrem Schlusswort auf die Haftbedingungen ein und forderten Haftentschädigung. So meinte Ralph unter anderem: What the Fuck is los? Soll ich der Staatsanwaltschaft noch vertrauen, die mit der LEAG quatscht und mich in eine acht Quadratmeter Zelle sperren will? Auch betonten sie erneut: Die Klimakrise untergräbt die Demokratie! Niemand kann bestreiten, dass die Klimakrise keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben darstellt!
In der Verkündung des Urteils scheint es aber, als habe die Kammer gar nicht so genau zugehört.Im Namen des Volkes, so der Vorsitzende Richter am Landgericht Cottbus Hanning, ergeht folgendes Urteil: Die Berufungen werden verworfen. Haftbefehl wird abgelehnt. Fluchtgefahr besteht nicht. Es bleibt also beim Urteil des AG Cottbus. Vier Monaten Haft ohne Bewährung!
Dabei sprach er noch ganz am Ende von dem Tagebau, obwohl es doch die ganze Zeit ums Kraftwerk ging. Ein*e Zuschauer*in korrigiert ihn und wird noch mit dem Stuhl aus dem Saal und bis zur Kundgebung getragen. Hätte die Kammer mal den ersten Antrag zur Verlegung in den Tagebau zugestimmt, hätte sie den Unterschied zum Kraftwerk vielleicht erkannt.
Mit diesem Urteil ist es aber noch lang nicht vorbei. In dem Prozess gegen Ava und Ralph läuft gerade die Revision und 18 weitere namentlich bekannte Personen sind mittlerweile mit den gleichen Tatvorwürfen angeklagt.