Cottbus, 05.10.2022
Seit zwei Wochen sitzen drei Klimaaktivist*innen in Untersuchungshaft, denen vorgeworfen wird, mit der Gruppe „Unfreiwillige Feuerwehr“ das Kohlekraftwerk in Jänschwalde lahmgelegt zu haben. Die Untersuchungshaft ist auf zwei Monate befristet.
Aktivist:innen hatten an drei Stellen insgesamt über zehn Stunden lang erfolgreich die Kohlezufuhr in das Braunkohlekraftwerk blockiert. Sie ketteten sich an Förderbändern fest und blockierten mit technischen Mitteln die Gleise zwischen dem nahen Tagebau Jänschwalde und dem Kraftwerk. Die Gruppe forderte das sofortige Aus des drittgrößten Braunkohlekraftwerks in Deutschland. Das Kraftwerk hat aber nicht nur europaweit die vierthöchsten CO2-Emissionen, sondern bedroht auch massiv die Trinkwasserversorgung in der Lausitz und in Berlin . Erst im März hatte das Verwaltungsgericht Cottbus entschieden, dass der Tagebau seinen Betrieb deshalb einstellen muss. Doch seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine wiegen die Interessen der Energieversorger vor Gericht schwerer: Ihre Dreckschleudern können trotz absurder Umwelt- und Klimaschäden weiterhin auf vollen Touren laufen. Statt dessen werden allen Ernstes zusätzlich zu den vier aktiven Kraftwerksblöcken zwei Reserveblöcke reaktiviert.
Der brandenburgische Innenminister bezeichnete die Unfreiwillige Feuerwehr als „Verbrecher“ und forderte „empfindliche Strafen“. Das Amtsgericht Cottbus verhängte gegen vier Aktivist*innen Untersuchungshaft, auf zwei Monate beschränkt. Andere Aktivist*innen kamen nach 30 Stunden in Gewahrsam frei, müssen sich allerdings täglich bei der Polizei melden. Erst bei einer Person konnte eine Aufhebung erstritten werden. Nachdem eine Gefangene ihre Personalien angegeben hatte und in der vorletzten Woche entlassen wurde, sitzen Ava, Carlo & Ralph immer noch im Knast. Sie sind jedoch in verhältnismäßig guter Verfassung. „Ich selbst sehe mich in keiner Form als schuldig, weil ich nach dem besten Gewissen gehandelt habe. Ich meine keins von uns dachte am Anfang dass „radikalere“ Aktionen die einzige Möglichkeit sind, jedoch muss ich mir eingestehen nach einem Haufen von Klimademos, welche alle nichts gebracht haben, dass die Radikalität unsere letzte Chance ist“, schreibt Ralph.
Alle Gefangenen berichten, dass ihnen veganes Essen weitgehend verweigert wird, weil dies aus Sicht des Knastes eine Mangelernährung darstellen würde. „Selbstverständlich ist es eine Mangelernährung, wenn Menschen sich nur von Beilagen ernähren müssen und eben nicht vegan gekocht wird. Mittlerweile ist eine ausgewogene vegane Ernährung jedoch Standard in vielen Küchen und das müsste auch in Gefängnissen möglich sein. Genau wie Menschen sich aus religiösen Gründen für bestimmte Ernährung entscheiden, muss es auch möglich sein, dies aus politischen Überzeugungen tun zu können. Tiere als fühlende Lebewesen mit eigenen Rechten zu betrachten und auf das Klima Rücksicht zu nehmen, darf nicht bestraft werden“ meinen wir. Aus der JVA Cottbus-Dißenchen berichtet Ralph, dass die JVA sogar Fisch als vegetarisch einstuft und er deshalb zweimal in der Woche kein vegetarisches Gericht bekommt.
Klimaaktivist*innen einzusperren löst das Problem des notwendigen Wandels nicht. Wir stehen mit dieser Position nicht alleine. Aus dem In- und Ausland erreichen uns täglich Solidaritäsbotschaften. Lasst unsere Leute endlich frei!